Donnerstag, 27.06.2019                                                                 der neunte tag

Gestern noch in der Spitze 40°C, fällt das Thermometer heute bis auf 17°C; dazu Sturm und Regen.

Aber der Reihe nach: Pünktlich um 6:30 bin ich beim Frühstücksbuffet. Die Nacht im Hotelzimmer hat gut getan. Das Frühstück wird allerdings dem Preis nicht wirklich gerecht. Ich schlage mir trotzdem den Bauch voll. Brauche eine gute Grundlage für den Tag. De "Lounge" füllt sich langsam mit anderen Gästen als ich mit meinem Frühstück schon fast fertig bin. Auffallend viele große, schwarz gekleidete und meist tätowierte Männer sind darunter. GISW steht hinten auf ihren Shirts. Womöglich so eine Art GSG9? Bin ich jetzt gut beschützt?

Irgendwie bugsiere ich meine Koffer und den Packsack durch die Schlange am Buffet nach draußen. Schon unpraktisch, wenn der Weg nach draußen durch die Lounge führt. Und sonderlich hilfsbereit sind die Reisenden hier auch irgendwie nicht. Obwohl einige Menschen an der Tür stehen und sich unterhalten, kommt keiner auf die Idee, mir mal die Tür aufzuhalten. Bin froh, wenn ich wieder auf dem Land bin! Aber zunächst fahre ich in die Innenstadt zur Dreifaltigkeitskirche. Diesmal ohne Stau :)

Die Dreifaltigkeitskirche in Warschau ist der Hauptsitz der ev.-augsburgischen Kirche in Polen. Man sieht es ihr nicht wirklich an. Die Zufahrt ist versperrt, die Kirche auch. Ich mogele mich mit dem Motorrad an der Schranke vorbei und parke vor dem Haupteingang. Nachdem die Tonaufnahme mit dem großen Mikrofon und dem Windschutz nicht so wirklich überzeugend war, probiere ich heute mal das kleine Ansteck-mikro. Dass hier der Ton völlig fehlt, stelle ich leider erst am Abend fest. Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?

Ich verlasse Warschau. Heute geht es gut voran. Denke ich. Die geplante Offroad-Passage werde ich dennoch auslassen. Ich fürchte, dafür fehlt mir heute die Kraft. Na ja, und vielleicht auch ein wenig der Mut? Aber das erzähle ich natürlich niemandem ;)

An einer kleinen Raststätte will ich mir einen Kaffee und einen kleinen Snack gönnen. Gar nicht so einfach, denn das junge Paar, das den Laden führt, spricht null Englisch. Aber mit Händen und Füßen und so klappt es dann doch. Ich bekomme einen großen Kaffee und einen Schokoriegel und zum Abschied ein herzliches Lächeln. "Djien kuje"! Danke!

In Lomza, wo ich meine Mittagspause geplant habe, finde ich einen Lidl. Mit einem Kräuterbaguette, einem Salat und einem Wasser setze ich mich draußen auf die Steine. Viele Menschen, die vorbeikommen lächeln mich an. Offensichtlich gebe ich in meiner Motorradkluft mit meinem kleinen Mittagessen ein freundliches Bild ab :) Ein junger Mann kommt auf mich zu und fragt mich - auf deutsch - ob ich aus Aurich komme? Woher kennt der Aurich? Nein, Alex ist kein Deutscher. Aber er arbeitet abwechselnd einen Monat als Rohrreiniger in Hannover und einen Monat im Gartenbau hier in seiner Heimatstadt. Wir unterhalten uns eine ganze Weile. Über meine Tour, das Motorrad fahren und wie schwierig es ist, eine Frau zu finden. Alex würde so gerne eine Familie gründen. Am Ende verabschieden wir uns überschwänglich und jeder fährt seines Weges.

 

Es ist schon den ganzen Tag total windig. Zwischendurch , es scheint gerade mal die Sonne, mache ich eine Pause und einen kleinen Spaziergang, damit sich die Muskeln etwas entspannen. 

Inzwischen wird daraus ein Sturm. Und jetzt kommen auch noch Regenschauer dazu. Hunderte LKWs rollen auf der Straße. Hinter einem zu fahren bedeutet, den Verwirbelungen ausgesetzt zu sein. Das Motorrad beginnt zu stampfen. Und jeder LKW, der mir entgegenkommt, versetzt mit seinem Fahrtwind dem Helm einen Schlag. Ich bin heilfroh - im Sinne des Wortes - als ich Augustow erreiche. Schnell kaufe ich noch etwas zu essen und zu trinken. Der Campingplatz ist nur noch 10 Minuten entfernt. Es ist 16:00! Der Platz ist zwar kein Highlight, aber den Fehler von gestern mache ich heute mal nicht. Die junge Frau an der Rezeption erklärt mir, dass ich nur bar zahlen kann. Oh nein! Ich habe mich doch auf den Segen der VISA-Card verlassen. Ich habe keine Zloty. Ob sie mit meinem 50 Euro Schein etwas anfangen kann? Kann sie. Und ich bekomme auch das Wechselgeld in Euro. €42,50. Der Platz kostet mich also nur €7,50 für die Nacht? Wer will da meckern!

Wie gut, dass wir ein vernünftiges Zelt gekauft haben, dass nicht nur dem Wind standhält, sondern sich auch bei Wind noch halbwegs gut aufbauen lässt. Das Paar aus Norwegen, das mit einem Schlachtschiff von Wohnmobil auf den Platz fährt, hat es da natürlich noch leichter. Warten bis das automatische Niveauregulierungssystem das Fahrzeug exakt ausgerichtet hat und den Fernseher einschalten. Ist das Urlaub? Meiner wär's nicht.

Ich mache noch einen Spaziergang an den nahe gelegenen See. Hat Gabi geschrieben, dass ich das machen soll :) Dann koche ich, wegen des Windes im Zelt, gehe abwaschen, mit kaltem Wasser, und duschen, mit lauwarmem Wasser. Ich könnte jetzt einen Grog gebrauchen.

Zeit für das Tagebuch und das Überspielen diverser Bilder und Filmchen. Jetzt sitze ich hier mit langer Hose und Fleecepulli. Gleich wird mich der Schlafsack wärmen!

Dem Maddin sein Spruch des Tages:

"Der ist ein seliger Mann, der eine gute Ehe hat, wiewohl es eine seltsame Gabe ist."

Warschau - Augustow   290km

Ausgaben:

Kaffee und Schokoriegel                  zt7,99      €1,90

Mittagessen                                           zt5,47       €1,30

Tanken                                                     zt88,54     €21,91

Abendessen                                           zt4,54        €1,08

Campingplatz                                                            €7,50

 

Gesamt des Tages:                                                   €33,69

 

Gesamt der Reise:                                                    €349,86

Die Dreifaltigkeitskirche in Warschau

ist der Hauptsitz der Ev.-Augsburg. Kirche in Polen und in Warschau. Am 30.12.1781 wurde sie eingeweiht. 1938 wird sie von einer Fliegerbombe getroffen und brennt aus. Der Wideraufbau dauert von 1943 bis 1957. Am 18.11.1956 findet der erste Gottesdienst in der neu aufgebauten Kirche statt.

 

 

Wie viele evangelische Kirchen auf meiner Reise, ist auch diese nicht zugänglich. Auffällig der elektronische Schaukasten vor der Kirche, der allerdings außer ein paar Gottesdienstterminen kaum Auskunft über das Gemeindeleben gibt. Die meisten Anzeigen sind Werbung.