Mittwoch, 31.07.2019                                         der dreiundvierzigste tag

Es ist schon deutlich nach 7:00 als wir aufstehen. Wir wollen möglichst früh auschecken um dann viel Zeit in Oslo zu haben. Der Plan: die Motorräder bleiben einfach gepackt neben der Hütte stehen. Da ist genügend Platz. Ein paar Dinge wie Helme, Stiefel und Schlafsäcke müssen wir irgendwo extra deponieren. Ob das klappt? Die freundliche junge Frau an der Rezeption nimmt nicht nur unser "Handgepäck" entgegen, sie verkauft uns auch zwei Oslo-Pässe, mit denen wir heute und morgen den ÖPNV nutzen und alle Museen Oslos betreten dürfen.

Ich kann mich nur wundern über die Kommentare, die manche Menschen auf manchen Bewertungsportalen verfassen. Mein Eindruck ist ein ganz anderer: Das Personal ist bei aller Hektik stets freundlich und bemüht, die Wünsche ihrer Kundschaft zu erfüllen. Und auch die Sauberkeit ist für die vielen, vielen Menschen auf diesem Platz vorbildlich. Ständig wuseln fleißige (und freundliche!) Menschen mit Putzutensilien durch die Gegend. Die sanitären Anlagen werden im Grunde den ganzen Tag über ständig gereinigt. In der Gemeinschaftsküche habe ich selbst nach Mitternacht noch jemanden putzen sehen. Klar, wenn gerade vor mir ein "Schwein" auf dem Klo war, kann das mal nicht porentief rein sein. Aber das kann selbst der beste Putzdienst nicht verhindern.

 

Der Bus bringt uns zum Knotenpunkt in Røa, einem Vorort von Oslo. Wir rätseln noch ein wenig wie und womit wir unser erstes Ziel, die Gamle Aker Kirke erreichen, als uns eine Frau anbietet, einfach mit ihr in die Metro zu steigen und uns dort weiterzuhelfen. Das Beste wäre, die App des örtlichen ÖPNV aufs Smartphone zu laden. Das funktioniert leider nicht so richtig. Die nette Dame muss aussteigen. Wir beschließen, doch zuerst das Munch-Museum zu besuchen. Das ist erstmal einfacher :)

Vor dem Museum: eine ordentliche Warteschlange. Oje! Aber es geht ziemlich schnell voran. Der Grund: die Sicherheitsvorkerhungen sind strenger als bei unserer Einreise nach Israel - na ja, fast :) Taschen und Rucksäcke müssen in Schließfächer. Zuvor müssen alle Taschen geleert werden und der Inhalt wird gescannt. Auch wir selbst müssen durch den Personenscanner. Fast schon erstaunlich, dass wir ohne dieselbe Prozedur später wieder hinausdürfen. Es steht allerings auch alle zwei Meter Wachpersonal.

Edvard Munch beschäftigt mich schon seit Jahrzehnten. Nicht, dass ich jetzt aus dem Stand ein Referat über Leben und Werk des großen Künstlers halten könnte, aber seine Werke haben mich seit jeher tief beeindruckt. Das Museum zeigt natürlich nur einen kleinen Teil der deutlich mehr als tausend Exponate.

Ich bin ein wenig glücklich, das hier gesehen zu haben.

Als wir das Museum verlassen ist es schon 11:30. Zeit fürs Mittagessen? Oder eine Kaffeepause? Wir widerstehenn und fragen maps nach dem Weg zum Jüdischen Museum. Sechzehn Minuten mit der Bahn, neunzehn zu Fuß. Wir laufen. Das kleine Museum liegt ziemlich versteckt in einer Seitenstraße. Für den Einlass muss mensch klingeln; eine Kamera erfasst die Besuchenden. Wir werden freundlich empfangen und erfahren ein wenig über jüdisches Brauchtum in Norwegen und die Geschichte der jüdischen Familien in Oslo zur Zeit des Nationalsozialismus.

 

 

 

Es ist erschreckend wie das deutsche Regime mit der immer gleichen Strategie gegen "die Juden" hetzte, Regierungen okkupierte und die öffentliche Meinung manipulierte. Genauso erschreckt mich mal wieder, dass sich immer genügend Idioten unter den "Einheimischen" fanden, die diese Diktatur unterstützen. In Oslo lebten etwas über 700 jüdische Menschen. Welche Gefahr sollte von ihnen ausgehen? Trotzdem wurden sie deportiert. Nur 34 überlebten! "Remember us into life" steht auf dem Plakat vor dem Eingang des Museums.

Beeindruckt und beschämt stehen wir wieder auf der Straße. Gar nicht so einfach, jetzt innerlich die Kurve zu kriegen. Aber inzwischen ist es 14:30 und der Hunger treibt uns um die nächste reale Kurve. Dort erstehen wir in einem Xtra zwei Brötchen und einen Brie. Das besondere an diesem Supermarkt: es gibt keine Kassierer*innen. Du musst Deine Ware einscannen und dann mit der Karte zahlen. Wie um Himmels Willen geht das? Die Anleitung auf dem Bildschirm gibt es leider nur auf Norwegisch. Wir sind völlig überfordert und umso glücklicher, dass es doch eine freundliche Angestellte gibt, die uns Schritt für Schritt die Prozedur erklärt. Tysend takk!

 

Zur Gamle Aker Kirke sind es von hier nur 15 Minuten zu Fuß. Leider ist sie verschlossen. Sie liegt in einem Viertel mit richtig alten kleinen Häusern. Hier lässt es sich wohnen. Die Kirche aus dem 11. Jahrhundert ist das älteste noch erhaltene Gebäude Oslos und wird auch aktuell noch für Gottesdienste genutzt.

Welchen Bus ins Zentrum nehmen wir jetzt? Keinen. Hier liegt alles so nah beieinander, dass es sich meistens gar nicht lohnt, auf einen Bus oder die nächste Metro zu warten.

Gabi möchte zum Königspalast. Wir erreichen ihn, als gerade die Auszubildenden der königlichen Garde zu einer Zeremonie aufmaschieren. Süß, die Jungen und Mädchen ;)

Wir gehen ein Stück die Karl-Johans-Gate entlang, die Flaniermeile Oslos. Ein Kaffee wäre jetzt gut. Aber der ist hier bestimmt unerschwinglich.

Wir schlendern ein wenig durch die Straßen und finden einen kleinen Laden: "Baker Hansen". Einige leckere Torten stehen in der Vitrine. Wir wählen eine Walnuß-Sahne und eine Himbeer-Marzipan-Sahne. Dazu zwei Kaffee. Alles zusammen für 140NOK. Das hatten wir schon deutlich teurer. Und die Qualität ist das Beste, was wir bislang in Norwegen gehabt haben. Echt lecker!

Ich habe schon oft die Gelassenheit und Aufmerksamkeit der Norweger*innen bewundert. Doch selbst in Norwegen geht es anders. Eine ältere Dame, mit Tortenkarton und anderen Dingen bepackt und sichtlich schlecht zu Fuß, möchte zur Tür hinaus. Eine junge Frau kommt im gleichen Moment von draußen und will hinein. Ganz selbstverständlich rechne ich damit, dass sie der älteren Dame die Tür aufhält. Von wegen! Sie zwängt sich zwischen Tür und der Dame ins Cafe' und lässt die Tür wieder zufallen. Puh! Dann springe ich halt auf und helfe der verzagt dreinblickenden Dame hinunter auf die Straße. Ach, ich gäbe einen guten Norweger ab ;)

Nach dem Genuss von Kaffee und Kuchen laufen wir zur Domkirche. Sie ist geöffnet. In einer Ecke im Innern feiert eine kleine Gruppe eine Andacht. Ich setze mich in eine Bank und warte, bis sie fertig sind. Das Vater Unser erkenne ich sogar und kann es mitbeten. Natürlich nicht auf norwegisch.

Noch ein paar Fotos. Besonders beeindruckt mich die Abendmahlsszene im Altarbild. Das Lamm auf dem Teller. Irgendwie skurril. 

 

Von der Domkirche laufen wir zur Oper, auf deren Dach mensch herumlaufen kann. Mir genügt es, zu fotografieren wie Andere es tun. Wir laufen noch durch die Anlagen der Akershus-Festung. Hier liegt auch das Widerstandsmuseum. Das stand zwar für heute noch auf dem Programm, aber es schließt in einer halben Stunde. Also sparen wir uns das für morgen auf. Am Rathaus vorbei laufen wir zur Metro. Das Rathaus ist vom Stil her übrigens dem in meiner Geburtsstadt Wilhelmshaven recht ähnlich. Das haben die Norweger bestimm abgekupfert!

Mit Metro und Bus geht es zurück zum Campingplatz. An der Rezeption ist immer noch Hochbetrieb. Totzdem werden wir professionell und freundlich bedient. Wir nehmen den Schlüssel für unsere "neue" Hütte und unser Handgepäck in Empfang und beziehen unsere Herberge für die nächsten beiden Nächte. Auch die Motorräder parken wir um. Die Hütte ist super! Couch, Küche (sogar mit Spülmaschine), Essecke, Schlafnische mit Doppelbett, alles schön hell. Hier ziehen wir gerne ein. Und da wir nicht nur einen Backofen haben, sondern auch eine Auflaufform finden, gibt es eine viel zu große Portion Nudelauflauf mit Spinat und Tomaten. Fehlt nur noch ein Glas Rotwein, aber den gab's bei KIWI nicht.

Wir sind beide redlich erschöpft von dem Tag. Während ich schreibe, schläft Gabi neben mir auf dem Sofa schon ein. Und ihr könnt froh sein, dass ihr nicht auf meine Handschrift angewiesen seid. Die wird gerade mit jeder Zeile schlechter. Hoffentlich kann ich ein ein paar Wochen oder Monaten, wenn ich zu Hause an der Homepage arbeite, noch lesen, was ich heute schreibe.

Dem Maddin sein Spruch des Tages:

"Auf den Glauben folgen Werke, gleich wie der Schatten dem Leibe folgt."

Oslo: Munch-Museum, jüdisches Museum, Gamle Aker Kirke, Königspalast, Domkirche, Akershus-Festung, Rathaus

Ausgaben

(Torsten)

Camping                                €234,00

Oslo-Pass                               €135,20

Lebensmittel                        €5,51

 

(Gabi)

Kaffee und Kuchen            €15,33

Lebensmittel                        €11,32

 

Gesamt des Tages:             €401,35

 

Gesamt der Reise:              €5424,12