Samstag, 22.06.2019                                                                             der vierte tag

Es ist 7:00. Ich frühstücke ausführlich und in aller Seelenruhe. Dieser Kirchentag ist wirklich anders als meine letzten. Den heutigen Tag habe ich für den "Markt der Möglichkeiten" reserviert. In mehreren Hallen stellen sich Kirchengemeinden und Initiativen vor. Der Markt öffnet erst um 11:00 und ich habe mir eine ganze Reihe Stände herausgesucht, die ich besuchen möchte. Dazu gehören die Kirchen der Länder, die ich in den nächsten Wochen bereisen werde, sowie Stände, die sich mit dem Klima oder dem fairen Handel befassen. Und ich hoffe, dass ich für Jojo ein Geschenk finde. Ich habe da schon so eine Idee;)

Gut vorbereitet wie ich bin finde ich den Stand der lettischen Kirche fast auf Anhieb. Und werde zu einem Gottesdienst in Riga eingeladen - wenn ich an einem Sonntag dort bin. Werde ich leider nicht sein. Ein organisiertes Gemeindeleben neben dem Gottesdienst scheint es kaum zu geben. Zumindest erfahre ich dazu nichts. Freudig nehme ich eine kleine Tüte mit lettischen Moosbeeren entgegen und zwei Prospekte über Lettland.

Vielleicht habe ich ja bei den Polen mehr Glück? Die wollen nicht mal mit mir reden! Die Esten sind schon abgereist, die Finnen gar nicht erst gekommen und bei den Norwegern ist gerade kein Norweger am Stand. Im Knüpfen von Kontakten habe ich irgendwie kein Glück!?

Dafür habe ich am Stand der Coventry-Gemeinschaft ein nettes Gespräch und erstehe ein Nagelkreuz für €1,50. Im Netz hatte ich danach gesucht und nur eines von einem unbekannten Anbieter für €80,- gefunden ! Das Leben ist schön! :)

Dafür bleibt die Suche nach einem Geschenk für Jojo leider erfolglos. Da werde ich wohl zu Hause im Weltladen schauen müssen. Schade. Aber meine Idee finde ich einfach zu nett um jetzt stattdessen irgendein Verlegenheitsgeschenk zu erstehen. Jojo wird das verstehen.

Am Stand von "Brot für die Welt" kann ich meinen ökologischen Fußabdruck ermitteln. Das finde ich spannend. Ob der wohl so gut ist wie ich mir einbilde? Die erste Station ermittelt den "gha" der Ernährung. So, nun recherchiert mal schön, wofür "gha" steht! Mein Wert beträgt 1,0. Das ist deutlich unter dem deutschen Durchschnitt, aber nachhaltig wären 0,63. Veganer*innen sind hier sicher im Vorteil. Bei der Mobilität erreiche ich eine 0,4. Das ist nachhaltig - und das als Fahrer eines Geländewagens!!! Es kommt halt nicht unbedingt darauf an, was ich fahre, sondern wie viel und wie viele Jahre ich ein Fahrzeug nutze. Bei der nächsten Station wird der Wert für den Konsum errechnet. Vier Personen stehen vor mir in der Reihe. Ein Mann in meinem Alter steht vorne - und redet die Mitarbeiterin in Grund in Boden. Wenn er damit den Klimawandel stoppen könnte, er bekäme den Nobelpreis. Ich unterhalte mich mit den anderen Wartenden. Wir sprechen über Pedelecs, übers Fliegen und andere Dinge. Der Weltretter ist mit seinem Monolog gerade bei Kapitel 4 von 12 - oder so. Schade, für mich wird es Zeit. Ich bin nämlich verabredet. Ich werde später wiederkommen.

Mein lieber Freund, Hartmut, und ich haben uns zum Mittagessen verabredet. Wir verbringen eine nette Stunde miteinander, essen reden, trinken Kaffee.

An Leib und Seele gestärkt laufe ich zum Krankenhaus und hole Fiete zu seinem "Opa-Enkel-Nachmittag" ab. Gemeinsam laufen wir (Fiete wird natürlich geschoben) zu den Messehallen. Schließlich will ich das Ergebnis meines ökologischen Fußabdrucks haben. Kaum stehen wir in der Schlange vor der dritten Station beschließt mein lieber Enkel allerdings einen Hunger zu haben, dessen Sättigung keinerlei Aufschub duldet. Etwas widerwillig schiebe ich den Schreihals nach draußen. Der Inhalt eines Glases Obstbrei findet den Weg in den Magen des Kleinen. Zum Nachtisch werden mehrere Stöckchen, die im Gras herumliegen, einem Geschmackstest unterzogen, fallen aber allesamt durch. 

Das mit dem ökologischen Fußabdruck wird wohl nichts mehr. Vielleicht kann ich den ja auch später noch online ermitteln. Also hinterlasse ich noch ein paar Fußabdrücke auf dem Asphalt und bringe Fiete zurück zu seiner Mutter. Die kommt just als wir im Krankenhaus ankommen aus einer Kirchentagsveranstaltung, die dort im Haus stattgefunden hat. So hat Birthe wenigstens auch noch ein wenig Kirchentag gehabt.

Ich fahre zurück in mein Quartier, genieße die Ruhe, koche, schreibe Tagebuch und bereite die Route für den nächsten Tag vor!

Guats Nächtle ;)

Dem Maddin sein Spruch des Tages:

"Vor einem Baum, von dem man Schatten hat, soll man sich verneigen."

ökologische Fußspuren

Ausgaben:

Kaffee                                                         €4,-

Nagelkreuz                                               €1,50

 

Gesamt des Tages:                                €5,50

 

Gesamt der Reise:                                  €47,95

Coventry

Es war der 14. November 1940 als die deutsche Luftwaffe einen schweren Bombenangriff auf Coventry flog. Es sollte der Luftangriff mit den meisten Todesopfern aller deutschen Bombardements werden. Nur wenige Wochen später zum Weihnachtsfest forderte der Domprobst der zerstörten St. Micheals-Cathedral, Richard Howard dazu auf, nicht Rache zu üben, sondern sich für Versöhnung einzusetzen.

Das Symbol für dieses Anliegen wurde das "Cross of Nails", das Nagelkreuz, drei aus der Kirche geborgene mittelalterliche Nägel die zu dem "Nagelkreuz" verbunden wurden.  In der Folge wurden, nach dem Krieg, Nagelkreuze in verschiedene deutsche Städte gebracht. Heute gibt es überall in der Welt sogenannte Nagelkreuzgemeinschaften, die jeden Freitag ein Friedensgebet sprechen.

Ökologischer Fußabdruck

Natürlich habe ich vor kurzem meinen vollständigen ökologischen Fußabdruck erstellt. Das geht auf der Internetseite von Brot für die Welt (und vielen anderen) auch online. Mein Ergebnis: mit 2,7gha liege ich deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt, der bei 3,9gha liegt. Allerdings: wollten alle Menschen der Erde so leben wie ich, bräuchten wir 2 Planeten. Nachhaltig ist mein ökologischer Fußabdruck also noch nicht. Was wäre zu tun? Ich könnte auf weniger Raum wohnen. Das hätte den größten Effekt. Ist aber in Aurich schwierig umzusetzen.  Ich könnte konsequent vegan leben. Darüber denke ich nach. Ich könnte noch mehr Fahrten mit dem Fahrrad erledigen. Der Effekt wäre nicht sehr groß, da unser Auto ohnehin schon wenig bewegt wird. Aber mit der Anschaffung eines Fahrradanhängers ließe sich noch etwas herausholen. Die Recherche nach dem passenden System ist in vollem Gang.

Da werden sich also noch so ein paar Dinge in meinem Lebenswandel ändern.