Sonntag, 14.07.2019                                     der sechsundzwanzigste Tag

Hätte ich beim Aufstehen schon gewusst wie der Tag endet, ich wäre liegen geblieben. So krabbele ich voller Vorfreude aus dem Schlafsack. Heute erwartet mich mein persönliches Reisehighlight!

Wir frühstücken gemütlich, dann packen wir uns ein: Funktionsunterwäsche, Thermounterwäsche, dicke Socken, gefütterte Hosen, Sweatshirt, Softshelljacke, Steppjacke, Regenjacke, Buff, Wollmütze, Handschuhe, Wanderschuhe. Und die Regenkombis packen wir vorsichtshalber auch noch ein. Wer weiß, wie nass es auf dem Schiff wird. Aufgeregt steigen wir auf die Motorräder und fahren zur Station der Hvalsafari-Andenes. Wir sind früh dran, aber nicht die ersten. Der Check-In-Schalter ist schon besetzt. Man/frau soll sich ja auch spätestens 100 Minuten vor der Abfahrt des Schiffes hier einfinden, und die ist für 11:00 angesetzt. Bevor es aufs Schiff geht, soll es noch eine Führung durch das angrenzende Museum geben. Der freundliche junge Mann hinter dem Schalter, den ich erwartungsfroh anstrahle wie ein Honigkuchenpferd, erklärt mir, dass das 11 Uhr Schiff gecancelt sei. Wir könnten das Geld zurückbekommen oder es heute Nachmittag mit dem 17 Uhr Schiff versuchen. Ob das fahren wird, sei aber auch völlig offen. Mpfff!!!! Wir buchen um auf den Nachmittag und fahren zurück zum Campingplatz.

Erstmal ziehen wir uns wieder um, passend zum Landgang, und gehen einkaufen - um festzustellen, dass der Supermarkt sonntags erst um 12:00 öffnet. Also kehren wir zum zweiten Mal an diesem Tag unverrichteter Dinge zurück zum Campingplatz. Wir überlegen, wie es weitergehen soll. Auf jeden Fall fahren wir morgen weiter. Noch ist der Himmel grau und die Wettervorhersage für morgen ist nicht besser. Ob es also morgen mit der Walsafari klappen würde, ist völlig unsicher. Dafür teilen wir die weitere Tour, die dann tatsächlich auf die Lofoten gehen wird, auf zwei Tage auf. Mit hoffentlich viel Zeit für Fotos und Filmchen. Inzwischen ist es nach 12:00. Wir können einkaufen gehen. Nach dem Essen und einem Kaffee ist sogar noch Zeit für eine Fotosafari an Land. Was für ein Strand. 20 Grad wärmer und ich würde mich in der Karibik wähnen. Wenigstens etwas ;)

Zeit für den zweiten Versuch, das "Unternehmen Walsafari" zum Erfolg zu führen. Die Wolken haben sich verzogen, der Himmel ist strahlend blau. Und der Wind hat auch nachgelassen. Na ja, ein klein wenig. Eigentlich kum spürbar. 10m/s klingt doch total wenig!?

Als wir am Check-In-Schalter ankommen, warten dort schon eine ganze Reihe Menschen. Für 16:00 ist auch eine Fahrt angesetzt gewesen. Noch ist aber weiterhin unklar, ob heute überhaupt ein Boot rausgeht. Wir müssen warten. Da lernt mensch wenigstens Leute kennen. Mit einem Paar in unserem Alter aus Süddeutschland, die im Hotel wohnen, weil sie sich für Camping zu alt fühlen (nicht ernsthaft?), unterhalten wir uns länger. Auf einem Fernseher läuft eine Diashow zur Walsafari. Ich mache ein Foto davon und stelle es auf Instagram. Sieht fast so aus, als ob wir echt draußen wären :) Aber das löse ich natürlich gleich wieder auf.

Endlich eine offizielle Information: Das für 16:00 geplante Schiff geht um 17:00 raus. Der Kapitän wird dann auf offener See entscheiden, ob Wind und Wellen eine weitere Fahrt für das zweite Boot zulassen. Also nochmal warten. Um 17:15 soll die Entscheidung fallen. Es wird 17:20. 17:30. 17:35. Die nächste Durchsage: "Wir fahren!" Wir sind so erschöpft, dass der Ausdruck der Freude mit dem Ausmaß selbiger nicht mithalten kann.

Wir beginnen mit der Führung durch die Ausstellung. Tina, die in Greifswald Biologie studiert hat, übernimmt die deutschsprachigen Gäste. Also fast alle. Die Führung ist interessant. Wir erfahren etwas über die verschiedenen Walarten und ihre Lebensweisen. Dann geht es aufs Schiff.

Das kleine Boot schafft zwischen 20 und 30 km/h. Auf dem Wasser ist das alles andere als langsam. Vor allem bei dem Wellengang, der uns direkt nach der Ausfahrt aus dem Hafen empfängt. Bei voller Fahrt werden wir etwa 40 Minuten bis zu dem Gebiet brauchen, wo die Crew Wale vermutet. Wir werden mächtig durchgeschaukelt. Es scheint, die Wellen laufen nicht synchron, sondern völlig unregelmäßig aus verschiedenen Richtungen. Es geht hoch, runter, nach links, nach rechts und manchmal alles gleichzeitig; zumindest gefühlt ;) Tatsächlich wird das Boot bisweilen richtig zur Seite geworfen. Jetzt verstehe ich, warum die Kapitäne so lange überlegt haben, ob sie rausfahren. Mir macht das alles nichts. Ich finde das spannend. Andere Fahrgäste haben schon zu kämpfen. Ich entledige mich meiner Jacken - es ist viel wärmer als gedacht - und gehe hinaus aufs Achterdeck. Wow! Hier ist echt festhalten angesagt. Mit dem Smartphone drehe ich ein kleines Video. Meine Kamera habe ich drinnen gelassen. Ich gehe wieder rein um sie zu holen und ohne die frische Luft wird mir leicht übel. Nee, kein Problem!

Schon bald wird der erste Wal gesichtet. 

Ja, wo isser denn? Auf 11 Uhr voraus? Alle positionieren sich auf der linken Seite des Bootes. Kaum möglich, zu fotografieren ohne Menschen auf dem Bild zu haben. Das Boot, das nun ganz langsame Fahrt macht, schaukelt immer noch gewaltig. Mit ist inzwischen weniger leicht übel. Ich schalte die Serienbildfunktion der Kamera ein und halte einfach drauf. Die Profis stehen natürlich ganz vorne, bewaffnet mit so einem Teleobjektiv, das drei Mal größer ist als das Kameragehäuse. Gabi, die inzwischen auch nach draußen gekommen ist, will gerade von der Mitte des Bootes an die Reling als das Boot so heftig auf die Seite geworfen wird, dass sie den Halt verliert und auf die Reling zurutscht. Ein Schreck fährt mir in die Glieder. Bei dem Versuch, irgendwo noch Halt zu finden, verdreht sie sich das Knie. Den Schrei muss sogar der Wal gehört haben. Da heißt es erstmal hinsetzen und ruhen. Ich setzte mich zu ihr. Weitere Fotos oder gar Filme schreibe ich in den Wind. Der zweite Wal engeht mir, aber das ist mir gerade ziemlich egal. Könnte jetzt behaupten, ich würde mich um Gabi kümmern. Aber ich bin mit dem Füllen der Spucktüte beschäftigt. Ich schaffe sie halbvoll. Christina von der Crew bringt mir Papier zum Mund abwischen und eine neue Tüte. Die alte entsorgt sie für mich. Danke, Christina!

Mir ist inzwischen bitterkalt. Ich überwinde mich, hineinzugehen, ziehe die Softshelljacke an, setze mich irgendwo hin, schließe die Augen, leide still und warte auf die Ankunft im Hafen. Dass ich längst nicht der Einzige bin, dem es so geht, bekomme ich erst später mit.

Das Paar aus Süddeutschland hatte unsere Helme in ihrem Auto aufbewahrt. Jetzt fahren sie ins Hotel und holen für Gabi eine elastische Binde. Das ist wirklich nett. Irgendwie treffen wir immer auf die richtigen Menschen. Inzwischen ist uns allen echt kalt. Die beiden fahren zurück in ihr Hotel. Danke Euch! Wir fahren zum Campingplatz. Was für ein Glück, dass Gabis Verletzung nicht schlimmer ist. Sie schafft es auf ihr Motorrad und kann eigenständig zu unserem Zelt fahren. Echt tapfer! Es ist 22:00 und wir fallen total erschöpft in unsere Schlafsäcke. Jetzt einen Grog!

Dem Maddin sein Spruch des Tages:

"Gott kocht die Seinen, und wenn er es gut mit ihnen meint, so legt er noch den Deckel darauf, dass sie recht im Gebrodel drinstehen."

Hvalsafari - Andenes

Ausgaben

 

(Torsten)

Walsafari                                               €220,-

Tanken                                                   €37,04

 

(Gabi)

Lebensmittel                                       €10,80

 

Gesamt des Tages:                            €267,84

 

Gesamt der Reise:                             €2867,62

 

Na ja! Die bearbeitete Ausschnittvergrößerung reißt es auch nicht raus :)