Donnerstag, 20.06.2019                                                                der zweite tag

Um 9:30 will ich bei der Bibelarbeit mit dem Leiter des Zentrums für islamische Theologie an der Uni Münster, Mouhanad Korchide sein.

Also stehen wir um 8:00 auf und frühstücken. Um 9:45 sitzen Birthe, Fiete, Jojo und ich gemütlich und glücklich noch immer am Frühstückstisch :) Das war's dann wohl mit der Bibelarbeit. Schade. Jetzt machen wir uns aber auf den Weg. Birthe mit Fiete zu einer Veranstaltung ihrer Wahl - die sie nicht erreichen wird, weil sie den falschen Zug nimmt :)), und ich schwinge mich auf's Motorrad. Denn heute ist MoGo (Motorradgottesdienst)! Es stellt sich heraus, dass die Zufahrt zum Hansaplatz (dort findet der MoGo statt) gar nicht so einfach zu finden ist. Nicht nur ich irre mit dem Motorrad durch die Innenstadt. Ausschilderungen fehlen. Die einzige, die ich finde, führt in eine Absperrung. Irgendwann winkt mich einer freundliche Bikerin in die richtige Zufahrtsstraße. Geschafft. Ich rolle pünktlich zehn Minuten vor Beginn auf den Hansaplatz. Und bin etwas erschrocken über die Anzahl der Motorräder. 20? Vielleicht 30? Das ist aber echt wenig. Direkt vor der Bühne sind vielleicht noch einmal 100 Menschen, die ohne ein zweirädriges Gefährt gekommen sind. Das ist eine wirklich kleine Veranstaltung.

Der Moderator "heizt die Stimmung an" und fragt, wer 1979 beim ersten MoGo des Kirchentages dabei gewesen ist. Das war echt der Erste? Wow. Und ich war tatsächlich dabei! Und der hat mein Leben nachhaltig verändert. Aber das lest ihr in dem Kasten nebenan.

Schade, dass es keine Lieder zum Mitsingen gibt. Schade, dass der Prediger versucht, eine bikergerechte Predigt zu halten. Das kann nur schief gehen, wenn mann selbst keiner ist. Wir Biker sind auch ganz normale Menschen. Von einer ehrlichen authentischen Predigt haben wir mehr als von dem Klischee genährten Versuch, uns da abholen zu wollen wo wir sowieso nicht stehen.

Doch, die Band ist echt gut und die Gespräche, die sich am Rand ergeben, sind eine Predigt für sich. Besonders lange unterhalte ich mich mit Christiane, die mir am Ende sogar einen Schutzengel schenkt. Ich darf sogar ein Selfie mit ihr machen. Der Engel hat mich die ganz Reise begleitet und ich bin wohlbehalten wieder zurückgekommen. Danke, Christiane. Danke, Schutzengel;)

Als der Gottesdienst schon zu Ende ist, laufen zwei junge Männer mit Downsyndrom begeistert um mein Motorrad herum. Keine Ahnung, worüber sie sich so sehr freuen, aber sie nehmen mich herzlich in den Arm. Danke, Jungs. Jetzt kann ich mit einem guten Gefühl, beschenkt mit so viel Herzlichkeit, den Tag genießen. Dass ich diese Energie nötig brauchen werde, ahne ich glücklicherweise noch nicht.

Erstmal suche ich einen Ort, wo ich etwas essen kann. Im Klostergarten der Franziskanergemeinde bietet die oldenburgische Landeskirche kleine Köstlichkeiten an. Das klingt doch gut. Ich parke mein Motorrad auf dem Platz vor dem Haupteingang des Gemeindehauses. Eigentlich verboten, aber die beiden jungen Menschen vom Orga-Team machen eine Ausnahme und haben sogar ein Auge - bzw. mehrere;) - auf meine Klamotten, die ich am Mopped zurücklasse.

Wäre ich früher gewesen, hätte ich sogar noch Emder Matjes bekommen. So begnüge ich mit zwei Reibekuchen, einem Glas Auricher(!) Apfelsaft und einer Tasse Kaffee. Und treffe noch einen lieben ehemaligen Kollegen. Was für ein schöner Tag. Noch!

Mein nächstes Ziel ist das "Depot". Diesmal ist die Ankunft 10 Minuten vor Beginn der Veranstaltung mit dem Meteorologen Karsten Schwanke natürlich zu spät. Der Saal ist voll. Blöd :(

Na, dann bringe ich jetzt das Motorrad nach Schwerte und komme dann mit dem Zug zurück um mich irgendwann mit Birthe zum essen zu treffen und dann  hoffentlich zum Konzert mit Bodo Wartke pünktlich zu sein. So der Plan!

 

Der natürlich nicht aufgeht :) Gerade als ich den Helm aufsetzen will, klingelt mein Handy. Birthe: "Ich stehe gerade bei den Johannitern. Mir geht es nicht gut und ich soll ins Krankenhaus, aber die können Fiete nicht mitnehmen. Kannst Du kommen und Fiete übernehmen?" Klar, kann ich das. "Wo bist du?" "Gegenüber vom Mercure-Hotel in der Strobelallee." Kurzer Blick ins Navi. "Okay, bin in 10 Minuten da." Bin ich auch. Aber da sind keine Johanniter. Da ist auch keine Birthe. Und wieso steht auf dem Straßenschild "Kampstraße"? Scheiße, es gibt mehrere Mercure-Hotels in Dortmund! Das hatte ich nicht beachtet. Okay, dann jetzt in die Strobelallee. Super! Die ist natürlich gesperrt. Ich erkläre den Helferinnen und Helfern von Stadt und Maltesern, dass ich irgendwie zu meiner Tochter muss um meinen Enkel zu übernehmen. Ich darf das Motorrad kurz hinter der Absperrung an den Straßenrand stellen. Mitten in die Kurve. Nicht schlimm, denke ich; ist ja abgesperrt. Doch nicht so gut, aber das erfahre ich erst ein paar Stunden später.

Jetzt begleitet mich eine freundliche "Malteserin" die Straße hinauf zu den Johannitern. Die sind sichtlich erleichtert, dass ich endlich auftauche und fahren Birthe ins Johannes-Hospital. Fiete sitzt in seinem Kinderwagen und erträgt das alles irritiert aber tapfer. Dass hier irgendwas nicht so ganz in Ordnung ist, merkt er natürlich auch. Na, dann machen wir beide uns auf den Weg zum Krankenhaus. Zu Fuß (30 Minuten), in Motorradklamotten, bei 28°! Das Motorrad bleibt bei den Maltesern. Hoffentlich bin ich zurück bevor die es abschleppen lassen.

Als wir im Hospital ankommen, wartet Birthe noch auf das Ergebnis der Untersuchung. Die lange Fahrt, die Hitze und der Tag heute waren wohl etwas anstrengend. Nun soll sie zur Beobachtung ein paar Tage auf der Station bleiben. Auch Fiete darf bleiben und bekommt ein Kinderbett der Extraklasse.

Inzwischen ist es nach 18:00 und ich mache mich auf den Weg zurück zu meinem Motorrad, bzw. zu dem Ort, an dem ich es vor gut drei Stunden abgestellt habe. Puh! Es steht tatsächlich noch da. Die Helferinnen und Helfer haben die Straßensperre extra noch nicht aufgehoben, obwohl sie das schon vor mehr als einer Stunde hätten machen sollen. Aber dann hätte die arme Suzi ganz allein in der Kurve gestanden. Danke Euch! Auch das ist Kirchentag.

 

Als ich bei meinem Quartier ankomme, sehe ich schon, dass Jojos Camper aus der Werkstatt zurück ist. Wie schön für sie. Gerade ist ihr Enkel zu Besuch. Ob das wohl okay wäre, wenn die beiden übers Wochenende nach Holland zum Campen fahren und uns alleine im Haus ließen? Ich berichte von Birthe und davon, dass Ihr Mann sie Montag oder Dienstag aus dem Krankenhaus abholen wird und zurück nach Pirmasens bringt. Ob das wohl okay wäre, wenn die beiden dann noch eine Nacht das Zimmer nutzen könnten? Klar, geht das alles. Ach, das hat sich wirklich wunderbar gefügt, dass wir gerade hier gelandet sind. 

Jetzt muss ich nur noch mal schnell nach Dortmund und den beiden ihre Sachen ins Krankenhaus bringen. Es ist 23:00 als ich endlich auf meiner Matratze zur Ruhe komme. Total erschöpft. :(

Bis morgen!

Dem Maddin sein Spruch des Tages:

 

"Die Welt ist voll alltäglicher Wunder."

Der Kirchentag am Donnerstag

Ausgaben:

 

Reibekuchen, Saft & Kaffee:      €5,-

 

Gesamtsumme des Tages:         €5,-

 

Gesamtsumme der Reise:          €23,33

Wir schreiben das Jahr 1979. Ein junger Mann, gerade 18 Jahre alt, aus dem hohen Norden Deutschlands besucht zum ersten Mal einen Evangelischen Kirchentag. Seit zwei Jahren ist er ehrenamtlich in seiner Kirchengemeinde tätig. Mit dem Sozialarbeiter und ein paar anderen Jugendlichen ist er im Bulli auf dem Weg nach Nürnberg. Gerade hat der junge Mann sein Jahrespraktikum in einer Kindertagestätte beendet. Nach den Sommerferien wird er eine Ausbildung zum Erzieher im fernen Witten an der Ruhr beginnen.

Der Sozialarbeiter nimmt seine Gruppe mit zu einem Motorradgottesdienst, an dem auch ein Diakon beteiligt ist. Das findet unser junger Mann, selbst stolzer Besitzer einer Honda CB50, ziemlich cool. Moment mal. Konnte man dort, wo er sich zum Erzieher ausbilden lassen will, nicht auch Diakon werden? Konnte man. Und frau natürlich auch.;)

Natürlich war die Frist für die Anmeldung zu dieser Ausbildung längst abgelaufen. Und warum die Verantwortlichen der Ausbildungsstätte unseren jungen Mann dennoch zu einem Vorstellungsgespräch einluden und auch mit der dürftigen Geschichte des Diakons beim MoGo auch noch aufnahmen, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben.

Auf jeden Fall haben diese Vorgänge das Leben unseres jungen Mannes gründlich verändert. Aber das ist eine andere Geschichte :)