Samstag, 09.07.2022                                                                             der sechste Tag

Wir werden wach - und es regnet. Also gehen wir erstmal ganz in Ruhe frühstücken. Wir unterhalten uns mit einem Paar aus Süddeutschland. Sie waren schon mehrere Male in Island unterwegs und haben auch Freunde auf der Insel. Sie kennen sich also aus. Als wir erzählen, dass wir heute nach Landmannalaugar wollen, über die F208, werden wir eindrücklich gewarnt. Die Straßen seien nach dem vielen Regen der letzten Tage auf keinen Fall befahrbar. Wir sind verunsichert.

Nach dem Frühstück, unser Zelt haben wir abgebaut und verstaut, schauen wir auf der offiziellen Seite zur Beschaffenheit der isländischen Straßen nach. "Easiliy passable" steht da für die F208. Na, denen glauben wir doch eher als irgendwelchen selbsternannten Experten. Und außerdem haben wir einen richtigen Geländewagen. Jawoll!!

Nach gut 90km auf der Ringstraße biegen wir auf die F208 ab, unsere erste richtige Geländestrecke ins Hochland. Schon irgendwie aufregend. Das macht richtig Spaß. Bis wieder irgendwas im Fahrwerk knallt. Doch nicht der nächste Stoßdämpfer? Ich schaue nach. Es ist kein Defekt zu erkennen. Also fahren wir weiter. Erstmal etwas vorsichtiger :)

Dann kommt sie: die erste richtige Furt. Soll Gabi durchwaten? Ein Landcruiser kommt uns entgegen. Schauen wir doch einfach mal, wie der da durchkommt. Easy. Der nette Mann bietet an, noch zu warten, bis wir durch sind. Danke! Dann mal los. Unteretzungsgetriebe eingelegt, erster Gang und rein ins kühle Nass. das Auto fährt und dann - sind wir durch. Gabis Freudenschrei klingt nach Erlösung :)

Fröhlich fahren wir weiter. Zwischendurch lassen wir Fahrzeuge vorbei, die deutlich schneller unterwegs sind als wir. So auch eine ganze Horde Africa Twins.

Bei den meisten Furten können wir vorausfahrende oder entgegenkommende Fahrzeuge beobachten und uns nach ihnen richten. So müssen wir unserere Wathose noch nicht in Gebrauch nehmen. Bei der gefühlt 50. Furt machen wir es selbstbewusst andersherum. Die Stelle ist nicht ganz einfach zu fahren. Der beste Weg durch die langgestreckte Furt scheint in einem großen Bogen quer durch das Flussbett zu führen. Gegenüber steht ein Pickup mit Wohnkabine. Frau und Tochter sitzen im Auto während der Familienvater skeptisch aufs Wasser schaut. Wir bieten an, als erste zu fahren. Unsere Route erweist sich als perfekt. Wir warten noch bis der Pickup ebenfalls die Furt erfolgreich gequert hat, das gehört hier zum guten Ton, und fahren weiter bis zum Campingplatz.

Die letzte Furt des Tages ist sozusagen die Einfahrt zum Campingplatz. Die ist besonders tief und von Zuschauenden gesäumt. Noch schnell die Gopro auf der Motorhaube einschalten, dann fahren wir mit möglichst coolem und souveränem Gesicht ins Wasser. Kein Problem :)

Nachdem wir das Auto abgestellt haben, checken wir ein. €60,- für eine Nacht sind echt happig. Zumal der Platz über nichts verfügt, was mensch komfortabel nennen könnte. Ein reichlich rudimentäres Sanitärgebäude und ein Parkplatz für die Camper, der weiter davon kaum entfernt sein könnte. Wer zeltet, hat es etwas näher, muss dafür das Zelt auf dem Steinboden irgendwie zum Stehen bringen; das heißt Steine schleppen und diese so drapieren, dass das Zelt trotz des Windes stehen bleibt, aber auch nicht komplett zerrissen wird.

Wir essen erstmal was. Wenigstenes ein Lichtblick: nach einem Tag voll Regen und Nebel bricht die Sonne durch und wir können die eigentlich für morgen geplante Wanderung etwas verkürzt schon heute machen. Uns erwartet eine grandiose Landschaft.

Die Beerdigung

Diverse Honoratioren kommen zur angekündigten Beerdigung. Der Priester ist keinen Argumenten zugänglich, die Beerdigung  durchzuführen.

Vebi notiert: "Philosophie und Theologie haben keinen Einfluss auf ihn und gesunder Menschenverstand erst recht nicht. Unmöglich, diesen Mann mit Argumenten zu überzeugen. Doch Witzeleien hört er sich stets an. Vielleicht ist er ein echter Isländer."

 

Schließlich geht der Priester doch zum Sarg. In einem völlig verschlissenen Talar steht er dort, blättert in einem Handbuch herum, sichtlich verlegen, um nach langer, immer wieder laut kommentierter Suche, eine Stelle zu finden, die er dann vorliest: "Denn keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber. Denn leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn".

 

Nach der Beerdigung scheibt Vebi über Priester Jon: " Der Gletscher thront ganz weiß und still über dem ungeweihten Pfarrerlein, das auf einem Hügel am Bach sitzt, Prinz Polo Kekse kaut und sich im Geiste rüstet, die Offenbarung, die Glaubenssätze und Gottes Christentum gegen Geisterbeschwörer, Wundertäter, Pferdehändler und 12Tonnerleute zu verteidigen."

 

Die Hirten und ein Pferdehändler entpuppen sich als eine Gruppe, welche das Vorhaben des Verstorbenen weiterführen wollen. Der Pferdehändler erzählt Vebi: " Die Einstimmungsgruppe ist mit der Absicht hierhergekommen, eine Zeitenwende in der Biologie herbeizuführen."

 

Sie waren im Gletscher und nun tragen sie einen Kasten an der Kirche vorbei. Ein Sarg? Vebi läuft hinterher: "Ich möchte lieber dabei sein, falls sich etwas ereignen solte, was das Christentum betrifft."

Der Kasten wird geöffnet. Darin befindet sich ein weiterer Kasten. Er ist aus Metall.

Einer der Männer streckt seinen Arm aus und spricht zu seinem Meister (dem verstorbenen Dr. Syngmann): "Das Leben, das du batest, in diesem Behälter auf dich zu warten, bis du es durch Induktion mit Hilfe des Einstimmungsgesetzes aufs Neue erwecken würdest: die Stunde ist da, da du es in astrochemischer Vollkommenheit wiedergeboren auferstehen und die irdische Physiologie verändern lässt."


Nach zweieinhalb Stunden sind wir zurück, Zeit für ein warmes Abendessen. Draußen ist es kalt und windig und erneuter Regen kündigt sich auch schon wieder an. Also gibt es eines unserer Fertiggerichte von der Antersdorfer Mühle aus dem heimischen Biomarkt. Kochendes Wasser drauf, ziehen lassen, mit einer Paprika gepimpt schmeckt das lecker, macht satt und ist sogar deutlich günstiger als die Trekkingnahrung aus dem Outdoorshop. Kochen muss ich draußen, aber gegessen wird im Auto. Nicht bequem, aber trocken, windgeschützt und etwas wärmer als draußen. Und wo schlafen wir? Auch im Auto. Dritte Nacht, dritte Variante. Hoffentlich wird das nicht zur Gewohnheit. Aber mehr Varianten fallen mir gerade nicht ein. Ich werde schon am nächsten Tag eines Besseren belehrt werden, aber das weiß ich jetzt natürlich noch nicht.