Wir stehen früh auf. Um 7:00 müssen die Kabinen geräumt sein. Somit fällt das Frühstück noch ausführlicher aus als gestern. Um 8:30 Ortszeit - in Deutschland ist es jetzt 10:30 - laufen wir im Hafen von Seydisfjördur ein. Erstes Ziel ist der nächste Ort, Egilstadir. Dort wollen wir tanken und einkaufen.
Kurze Zeit später biegen wir auf die 939 ab. Das erste Stück Schotter. Gabi hält sich kurzzeitig krampfhaft an der Tür fest. Meine Rallye-Gene gehen wohl etwas mit mir durch. Jetzt ein schöner Drift durch die langgezogene Kurve ... nein, ich bin brav und nehme Gas raus. :)
Nur 19 Kilometer dauert der Spaß, dann sind wir wieder auf der asphaltierten Ringstraße. An einem Mini-Wasserfall machen wir Mittagspause, nur um kurze Zeit später schon wieder anzuhalten. "Boah", ruft Gabi. Wir sind direkt am Atlantik und die Wellen sind gewaltig. Gabi muss an den Strand. Fotostopp.
Pastor Jon auf die Frage, wo seiner Meinung nach Gott zu finden sei: " Es steht uns der Allmacht gegenüber frei, sie zu lokalisieren, wo es uns gefällt, und sie zu nennen, wie wir wollen."
Ein Kirchenmitglied fährt mit seinem LKW auf den Hof. Ein 12Tonner. Sie kommen ins Gespräch. "Du bist Bischof", sagt er zu Vebi, "du hast den Heiligen Geist. Aber welchen Gott haben wir einfachen Isländer, wenn nicht einen schönen warmen dänischen Aquavit?"
In seiner duseligen Redseligkeit erzählt er sogar von einer Frauenleiche, die angeblich, anstatt auf dem Friedhof beerdigt zu werden, auf den Gletscher gebracht worden sein soll. Vebi wird hellhörig. Darüber muss er mehr irgendwie mehr erfahren.
Zunächst gilt es aber, der Verkündigung des Pfarrers auf den Zahn zu fühlen. "Soweit ich sehe, könnten einige Ideen des Pfarrer irgendwie auf der christlichen Theologie fußen", schreibt er auf.
Das Ganze dauert doch länger als Vebi gehofft hatte. Vebi hat Hunger und hätte gerne Fisch. Die Stößeldora, so nennt sich die Haushälterin, tischt ihm aber nur Torte auf. Fisch wäre nicht fein genug für den Gast, behauptet sie.
Seltsame Hirten lagern plötzlich draußen. "Warum reißen Menschen Blumen ab?", philosophieren sie. "Weil sie sie lieben. Warum schießen Menschen Tiere? Weil sie sie lieben, so heiß, dass sie sie essen können. Von allen Lebewesen die der Mensch tötet, gibt es nur eines, dass er aus Hass tötet: den anderen Menschen." "Macht der Gletscher die Menschen so merkwürdig?", denkt Vebi.
"Hier gibt es besondere Stellen", bekommt er ungefragt zur Antwort, "wo das Feuer zu Erde, die Erde zu Wasser, das Wasser zu Luft und die Luft zu Geist geworden ist."
Vebi bekommt endlich Fisch. Der Pastor kredenzt ihm gehärteten Heilbutt, eine teure Delikatesse, die er von den Leuten aus dem Südland geschenkt bekommen habe. Der Pastor hofft, dass dies in seinem Bericht Erwähnung fände. Vebi antwortet: "Lukas hat die Apostelgeschichte aufgezeichnet, aber es steht nicht darin, was er dabei gegessen hat."
Ein gewisser Dr. Syngmann taucht auf. Vor langer Zeit ist her von hier fortgegangen, mit Ua, der Braut des Pastors. Dr. Syngmann bezeichnet sich als Wissenschaftler und habe aus verschiedenen Religionen eine neue "Wissenschaft der Auferstehung" entwickelt. Nun will er einen großen, besonderen Lachs auferstehen lassen, den er damals hier geangelt habe und der nun wohl in einer großen Truhe im Gletscher auf seine Menschwerdung wartet!?
Wir fahren weiter auf der Ringstraße. Ganz schön windig hier. Nee, nicht schön. Von den nahen Bergen weht ein Fallwind, der es echt in sich hat. Vor uns tauchen zwei Motorräder auf. Die beiden stehen mitten auf der Straße und kommen kaum vorwärts. Der extrem starke Wind von der Seite droht, sie wie Streichhölzer umzuwerfen. Es ist ein Ehepaar aus Belgien, wie wir später erfahren. Sie sind den ersten Tag auf der Insel. Die Frau versucht, mit Hilfe von kleinen Trippelschritten ihr Motorrad vorsichtig ein paar Meter vorwärts zu bringen. Und stürzt. Wir und ein weiteres Fahrzeug setzen die Warnblinker und eilen zu Hilfe. Der Frau ist nichts passiert. Gemeinsam richten wir die Maschine wieder auf. Ihr Mann hat sein Motorrad inzwischen am Straßenrand auf den Seitenständer gestellt. Er fährt die Maschine seiner Frau ein Stück weiter, wo es windgeschützter ist. Der andere Helfer bringt die Frau zu ihrem Motorrad und ich den Ehemann wieder zurück zu seiner Maschine. Die hat der Wind inzwischen einfach wieder auf die Straße geworfen. Ein Truck sichert bereits die Unfallstelle. Nachdem wir auch diese Maschine wieder aufgerichtet haben, fährt der Truck als "Windschutz" neben dem Motorrad und ich sichere mit unserem Suzuki die beiden nach hinten ab. So gelingt es, auch diese Maschine an eine windgeschützte Stelle zu bringen. Die beiden sind sichtlich angespannt und wollen warten, bis der Sturm sich gelegt hat. Viel Glück euch beiden!
Ich glaube, Gabi ist froh, dass wir nicht mit unseren Motorrädern nach Island gekommen sind.
Mit einem mulmigen Gefühl fahren wir weiter. Dass die beiden es wohlbhalten zu einem Hotel geschafft haben, werden wir später erfahren.
Es sind nur wenige Kilometer bis zur Lagune des Jökulsarlongletscher. Wow! Als ob du mitten im Eismeer bist.
Als wir wieder auf die Ringstraße fahren, stellt genau in dem Moment ein Ranger seinen Pickup quer auf die Straße. Wir erfahren, dass wegen des Sturms die Straße gesperrt sei. Der WInd habe bereits Fahrzeuge von der Straße gefegt. Na, jetzt übertreibt er aber, denke ich. Die Suche nach einer Unterkunft in der Nähe ist natürlich vergeblich, wir sind ja nicht die Einzigen, die von der Straßensperre betroffen sind. Also stellen wir uns wieder auf den Parklatz vor der Eislagune, essen unser Abendbrot und stellen uns auf eine Nacht im Auto ein.
Etwa zwei Stunden später wird die Straße tatsächlich wieder freigegeben; der Wind ist schwächer geworden. Und nur wenige Kilometer weiter sehen wir, dass der Ranger mitnichten übertrieben hat. Links neben der Fahrbahn liegt ein zersörter Wohnwagen auf der anderen Seite der Straße das Zugfahrzeug auf dem Dach. Und nur wenige hundert Meter weiter steht ein Wohnmobil, dem es den Alkoven weggerissen hat. So etwas habe ich tatsächlich nocht nicht gesehen. Und ich gelobe feierlich, nie wieder die Aussage eines Rangers infrage zu stellen.
Um 21:00 Ortszeit haben wir unseren Stellplatz bezogen, das Dachzelt ausgeklappt und fallen hundemüde in die Schlafsäcke.
Tag 2 Fähre Hirtshals-Seydisfjördur
Tag 3 Fähre Hirtshals-Seydisfjördur
Tag 4 Seydisfjördur - Skaftafell
Tag 5 Skaftafell - Kirkjubäjarklaustur
Tag 6 Kirkjubärjarklaustur - Landmannalaugar
Tag 7 Landmannalaugar - Fludir
Tag 8 Fludir - Gullfoss - Fludir
Tag 13 Mödrudalur - Askja - Mödrudalur
Tag 14 Mödrudalur - Borgafjördur
Tag 15 Borgafjördur - Egilsstadir