Wir haben wieder ausgiebig gefrühstückt. Die Motorräder stehen fertig gepackt vor dem Hoteleingang. Gabi freut sich: wir haben entdeckt, dass die Louis-Filialen in Berlin heute verkaufsoffenen Sonntag haben. Nach dem ergebnisoffenen Versuch, Gabis Motorradstiefel, die nach der Regenfahrt am Freitag einem Stausee glichen, irgendwie trocken zu bekommen, steht der Entschluss fest: es gibt neue!
Wir verabschieden uns von den Brautpaar und allen Gästen, nicht ohne nochmal sicher zu stellen, dass unser Paket mit den Hochzeitsklamotten auch im richtigen Auto landet und unversehrt den Weg nach Niedersachsen antritt. Dann geht es los.
Um nicht wieder in die Baustelle zu geraten, fahren wir einen fulminanten - aber alternativlosen :) - Umweg, der uns eine gute halbe Stunde kostet.
Um kurz vor 13:00 kommen wir in Berlin-Reinickendorf bei Louis an. Erstmal gaaanz schnell die Toilette suchen, dann verstauen wir unsere sieben Sachen in zwei Schließfächern. Dabei fällt mir auf, dass der Reißverschluss der Seitentasche vom Tankrucksack offen steht. Normalerweise befindet sich dort meine Geldbörse mit den Papieren!? Ups, die steckt wohl noch in der Lederjacke, die ich gestern zur Kirche anhatte - als regelmäßiger Gottesdienstbesucher weiß ich schließlich, dass zu jedem Gottesdienst eine Kollekte gehört. Darauf war ich vorbereitet! Nicht vorbereitet bin ich darauf, dass sich meine Geldbörse samt Lederjacke jetzt in Alexandras Auto auf dem Weg nach Wilhelmshaven befindet:(
Ein kurzer Anruf bei meinem anderen Neffen, der in demselben Auto sitzt, klärt, dass meine Papiere sich gerade auf der Höhe von Hamburg befinden. Torben, meine Neffe, fotografiert zumindest mal Führerschein, Zulassungsbescheinigung und Personalausweis, und schickt das Ganze per sms auf mein Handy. Wir vereinbaren, dass er das Portemonnaie per Post nach Meran schickt. Hoffentlich kommt es dort pünktlich an?
Mein Adrenalinpegel sinkt langsam wieder auf ein normales Maß, während Gabis Dauergrinsen sich hartnäckig hält. Wie schön, wenn meine Schusseligkeit der Auferbauung meiner Liebsten dient:)
Gabi kauft sich neue Stiefel, ich mir ein wärmeres Halstuch, das natürlich Gabi bezahlen darf; Strafe muss sein!
Anschließend essen wir noch eine Kleinigkeit in dem angeschlossenen Bistro. Die Verkäuferin tut mir ein wenig leid: hinter dem Tresen ist wenig Platz, die Kunden drängen sich hungrig und durstig davor und die Ärmste macht ihren Job noch mit wenig Routine. Aber wir Biker sind ja geduldige Menschen und es ist Sonntag!
Gegen 18:00 sind wir auf dem Komfort-Campingplatz "Marina-Elbe-Camp". Es regnet mal wieder, aber das Zelt muss halt aufgebaut werden. Eine halbe Stunde später trocknet strahlender Sonnenschein unsere Regenkombis:)
Wir ziehen uns um und gehen zum Hotel, das ebenfalls zum Campingplatz gehört. Dort wollen wir etwas essen. Zum Kochen haben wir beide keine Lust mehr. Tja, aber da gibt's nix!? Nein, nicht weil wir keine Hotelgäste, sondern nur Camper sind. Es gibt einfach kein Restaurant. Das ist schon echt seltsam. Komfort-Camping?
Zum Glück haben wir noch Nudeln und Pesto. Ich muss also doch ran. Zum satt werden reicht es. Vor dem Spülen gibt es noch eine "heiße Liebe" (der Tee!) und dann ruft der Schlafsack.
Gerade ist noch ein Norweger mit seiner Harley auf den Platz gerollt. Wir unterhalten uns ein wenig. Er will morgen weiter zum Großglockner; das wären für uns 2,5 Tagesetappen. Das Gespräch ist recht kurz. Der Norweger entschuldigt sich für sein schlechtes Englisch und ich freue mich, dass ihm nicht auffällt wie wenig besser das meinige ist;)