Samstag, 01.07.2017                                                                                 der dritte tag

Der Morgen danach ...

Wir frühstücken gemütlich und opulent im Hotel. Mein Neffe und seine Frau haben wirklich das Rundumsorglos-Paket für ihr Gäste gebucht. Unsere Unterkunft, wir haben die preiswerteste Variante gewählt, hat sich übrigens nach der Baracken-Optik von außen als innen recht komfortabel und modern herausgestellt. Vor allem das Bad ist gut ausgestattet und groß. Das kommt uns sehr entgegen, denn so können wir alle nassen Klamotten schön zum Trocknen aufhängen. Die Regenkombis haben wir abgeduscht, die trocknen schnell. Aber Gabis Stiefel machen uns Sorgen. Die entwickeln so langsam nicht nur eine intensiv-würzige Duftnote, sie weigern sich auch standhaft, ihre Nässe abzugeben.

Nach dem Frühstück, das wirklich keine Wünsche offen lässt, gehen wir uns aufbrezeln (wie diese komischen Bayern das nennen) für die Trauerfeier, äh, Hochzeit;) Das Hochzeitsoutfit hat der andere Neffe im Auto mitgebracht. Er und seine Freundin nehmen uns auch mit zur Kirche nach Templin. Zurück werden wir den nagelneuen Scenic des Hochzeitspaares fahren, die ihrerseits "standesgemäß" mit Jaguar von der Kirche abfahren und im Sportboot am Seeufer des Hotels ankommen werden. Zuvor bekomme ich aber noch eine Einweisung in das neue Fahrzeug, dessen Fahrersitz beim Öffnen der Tür höflich zurückfährt, um dich, wenn du Platz genommen hast, wieder nach vorne zu schieben. Sitzheizung und Massagefunktion sind selbstverständlich, diverse Programme für Fahrwerk und Motormanagement verstecken sich in den Tiefen des Bordcomputers und alleine einparken kann die Kutsche natürlich auch. Wer's braucht?:)

Der Gottesdienst ist sehr stimmungsvoll. Der Pastor kann sich aber dennoch des einen oder anderen Kommentars über die kirchliche Sozialisation der Gottesdienstgemeinde nicht so ganz verkneifen. Okay, er schaut öfter in eher irritierte Gesichter schaut und nur zwei der Gäste sind in der Lage, die Lieder mitzusingen - wer das wohl war?:)), aber das im sonntäglichen Gottesdienst hier sehr viel anders ist? Zumindest dürfte die Gottesdienstgemeinde heute zahlenmäßig der Ortsgemeinde gleichkommen. Und wer weiß, wie viele von denen sonntags im Gottesdienst sitzen. Mehr als zwei?:))

Zurück im Hotel...

Zurück im Hotel ist alles für den Sektempfang vorbereitet, wunderbar romantisch unterm Baldachin draußen am See. Allein, das Boot mit dem Brautpaar lässt auf sich warten. Als es dann auch noch zu regnen beginnt, verzieht sich ein Großteil der Hochzeitsgesellschaft nach drinnen. Lediglich ein paar Hardcore-Spalier-Steher trotzen dem Wetter und empfangen das leicht angefeuchtete, aber strahlende Brautpaar. Gabi und ich beobachten das Geschehen gemütlich durch die Panoramafenster des großen Saales im Hotel;) Dank an die tapferen Draußenbleiber, die das Brautpaar nicht im Regen stehen lassen!

Inzwischen ist es später Nachmittag und das Kaffee trinken geht fast nahtlos in das Abendessen über.  Alles sehr gediegen, würde der Norddeutsche sagen. An unserem Tisch - natürlich gibt es eine Tischordnung! - sitzen Onkel und Tanten des Hochzeitspaares. Wir sind die einzigen von seiten des Bräutigams. Wir unterhalten uns angeregt, aber alles, was mit Kirche und Politik zu tun hat, ist gefährliches Fahrwasser. Die Lehrkräfte am Tisch betonen nicht nur ihre atheistische Gesinnung - die ich ihnen von Herzen gönne -, sie lassen sich auch recht unmissverständlich über die zu vielen Ausländer in ihren Klassen aus. Schade, ich lerne so viele Menschen kennen, die offen und neugierig, ohne Vorurteile in die Welt schauen. Hier merke ich schnell, dass ich mich besser zurückhalte und sinne darüber nach, wie wichtig es vielleicht ist, seinen Heimatort auch mal zu verlassen um andere Menschen, andere Mentalitäten kennen und verstehen zu lernen?

 


Musik und Tanz ...

Nach dem Essen kommt die Stunde des DJ. Tanzen ist angesagt. Das ist leider nicht so unsere Welt. Wir bestaunen die, die das im Gegensatz zu uns wirklich können, unterhalten uns noch ein wenig und dann geht der Abend für zwei schlaffe Biker langsam dem Ende zu, während viele der Gäste, vor allem das Brautpaar, noch bis in die Morgenstunden tanzen und feiern.

 

Ich freue mich für meinen Neffen und seine Frau, dass sie eine schöne Hochzeitsfeier haben, so wie es für sie genau richtig ist. Wie wohl die nächsten Feiern werden?

 

Wir streichen tatsächlich noch vor Mitternacht die Segel. Es gibt noch viel zu packen. Morgen wollen wir zeitig Richtung Wittenberg aufbrechen. In einer Woche steht die nächste Hochzeit an; in Südtirol!