eine Woche Kurven

Was machen wir mit einer Woche Urlaub im Herbst? In Köln ist Motorradmesse. Das Bergische Land wäre vielleicht schön? Zelten oder Pension? Pension ist zu teuer, zelten zu kalt. Habe ich schon mal erwähnt, dass wir softcore-camper sind?

Ich finde einen Campingplatz in Lindlar, der ein paar "Schlummertonnen" anbietet. Das ist doch ein guter Kompromiss. Also: los geht's!

Ob das Oberbergische wohl seinem Namen gerecht wird? Ach ja, der Name bezieht sich auf den "Grafen von Berg". Schauen wir mal ...


Montag, 03.10.2016

9:30 ist es geworden, bis wir losgekommen sind. Gemütlich gondeln wir über flache unendlich gerade Straßen durch Ostfriesland und das Emsland.  Alles ist gut. Die Sonne scheint, Gabi freut sich über ihre Heizgriffe - nachdem ich sie an deren Existenz erinnert habe:) - bis wir nach Billerbeck kommen: die Straße nach Münster ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Umleitung führt uns in die Innenstadt, die aber wegen einer Veranstaltung ebenfalls gesperrt ist. Es gibt kein Entkommen. Egal wo wir lang fahren - und mit uns dreißig andere Ortsunkundige - wir landen immer an einer Absperrung. Es gibt kein Entkommen! Wir fahren 20 Kilometer zurück nach Altenberge und dort auf die Autobahn. Bei Bergkamen fahren wir wieder runter und in Dortmund gönnen wir uns bei McDoof einen Kaffee und eine Apfeltasche.

Eineinhalb Stunden später sind wir auf dem Campingplatz. Der Parkplatz vor der Rezeption ist ziemlich schräg und ich zu schwungvoll. Ich bremse zu stark, der Boden ist zu weit weg und schon liegen das Motorrad und ich auf den Nasen. Natürlich liegen wir genau dort, wo Gabi just parken wollte. Die muss nun eben so plötzlich in die Eisen und erklärt sich solidarisch mit uns. Ein junger Vater, der gerade mit seiner Familie vom Parkplatz losfahren wollte, eilt uns zu Hilfe. Meinen Spruch: "Wir parken immer so!", findet er offensichtlich nicht sehr komisch!?

Wir besetzen unser kleines süßes Holzfass und gehen im Bistro etwas essen. Die restlichen 16 Euro Bargeld, die wir noch haben, reichen natürlich nicht. Wir dürfen den Deckel auch morgen bezahlen.

Auf dem Weg zum Waschhaus bemerkt Gabi: "Schau, da liegt schon das Herbstlaub!" Mit Brille hätte sie vielleicht erkannt, dass es sich um braune Kieselsteine handelt, sogenannter "Herbstkiesel":))

Nach einer Stunde Rommee fallen wir todmüde ins Bett. Es ist 21:00!

Dienstag, 04.10.2016

Wir haben bis 7:30 geschlafen! Eben kurz duschen und wir starten unsere Tagestour. Nach zwanzig Minuten erreichen wir das erste Etappenziel: das Hansecafe in Wipperfürth. Die Kellnerin serviert uns ein opulentes Schlemmerfrühstück für zwei. Kurz nach 10:00 geht es weiter.

Die Lingesetalsperre suchen wir vergeblich. Die erste der "Bunte Kerken" verwechselt das Navi mit der katholischen Kirche in Marienheide (mich trifft natürlich keine Schuld); auch die Aggertalsperre entzieht sich unseren Blicken. Wer hat bloß diese Tour geplant?:) Aber dann klappt es endlich. Wir besuchen die Bunte Kerken in Lieberhausen (mein Favorit), Wiedenest (Gabis Favorit), Marienhagen und Marienberghausen. Die Bunte Kerken sind eine oberbergische Besonderheit. Die ehemals phantasievollen Ausmalungen sind zum Teil noch sehr gut erhalten. Sie erzählen Geschichten aus dem Leben Jesu und malen den Gläubigen eindrücklich vor Augen, welche Gefahr von den bösen Mächten ausgeht. Aus heutiger Sicht bisweilen recht amüsant. Früher womöglich recht Furcht einflößend. Den barmherzigen Gott muss man hier suchen.

In Much lassen wir uns im Bikertreff "Alte Schule" Kaffee und Kuchen schmecken um anschließend über die Ohler Straße in dem Örtchen Ründeroth (einem meiner früheren Wohnorte) zum Oelchenshammer zu fahren; eine Wasser betriebene Schmiede, eigentlich ein Museum, das leider nur sonntags geöffnet hat.

Zwischendurch kaufen wir noch unser Abendessen ein, dann geht es zurück zum Campingplatz. Den Deckel bei "Matthes" können wir jetzt endlich bezahlen. Die selbst gekochten Nudeln mit Tomaten und Shrimps schmecken beim Camping schon lecker, weil es wärmt;)

Zum Abschluss des Tages gibt es noch je 0,125l Wein, während sich die kleine Infrarot-Heizung redlich müht, unser Holzfass ein wenig muckelig zu machen. Wir spielen jetzt "Strip-Rommee":))

Mittwoch, 05.10.2016

Nach einem gemütlichen Frühstück starten wir in der frischen Morgenluft (10° um 10:00). Unser erstes Ziel ist die Dhünntalsperre. Die Straße endet natürlich 1,3 Kilometer vor der Sperrmauer. Wir stiefeln einen schönen kleinen Waldweg bergauf und bergab und bergauf und bergab und ... schön wieder auf dem Motorrad zu sitzen:)

Ein paar Kilometer weiter lauschen wir den Klängen der Orgel im Altenberger Dom. Eine imposante Anlage. Genau wie Schloß Burg bei Wermelskirchen, wo wir uns einen Flammkuchen gönnen; mit Tomaten, Lauch, Pilzen und Käse. Total lecker, auch wenn die Pilze auf dem Weg von der Küche zu unserem Tisch irgendwie verloren gegangen sein müssen;).

Wir fahren weiter zur Müngstener Brücke, ein mächtiges Eisenbahnviadukt. Gleich nebenan kann man/frau mit der Schwebefähre die Wupper überqueren - wenn man/frau dem Fährmann bei der Arbeit hilft. Das Antriebsprinzip gleicht dem der Draisine. Wir scheuen die Arbeit und machen uns auf zum Cafe Hubraum, wo wir uns einen Pott Kaffee und eine Waffel mit Eis und heißen Kirschen schmecken lassen. An der Bevertalsperre machen wir nur ein paar Fotos und treten den Rückweg zum Campingplatz an. Zwischendrin kaufen wir noch das Abendessen ein: Chili sin carne und zwei 1/4 liter Flaschen Rotwein. Langsam wird es dunkel und kühl. Zeit für die Schlummertonne!

Donnerstag, 06.10.2016

Inzwischen ist es echt kalt. Die kleine Infrarot-Heizung, die an der Decke unserer Schlummertonne hängt, wärmt am Esstisch den Kopf, aber der Rest bleibt kühl. Im Schlafbereich hilft nur, alles anzuziehen, was zur Verfügung steht. Nee, ganz so schlimm ist es nicht. Aber warm ist anders!

Es ist nach 9:00 als wir aufstehen. Heute ist Ruhetag. Wir frühstücken gemütlich. Irgendwann kaufen wir in aller Ruhe ein. An dieses "Tschö mit Ö" kann ich mich nicht gewöhnen, auch wenn ich ein paar Jahre in dieser Gegend gewohnt habe. Ich bin nun mal Friese und kein Rheinländer;)

Freitag, 07.10.2016

Heute fahren wir zur Intermot. Viiiieeeele Eindrücke, spannend und anstrengend;) Und die quälende Frage: sollen wir die Nachfolgemodelle unserer Suzukis kaufen? Die Version der 1000er V-Strom auf dem Stand der Zeitschrift "Tourenfahrer" hat auch was.

Morgen geht es wieder nach Hause.

Samstag, 08.10.2016

Wir fahren vom Campingplatz bis Dortmund. Beim Ikea wollen wir frühstücken. Dass man/frau das dort gut kann, meinen außer uns rund 500 andere Menschen. Wahnsinn. Und unverständlich der Mann an der Kasse neben uns: für €3,- ein Frühstück abgreifen, Kaffee satt, und sich beschweren, dass es nicht schnell genug geht, obwohl die Kassiererinnen wirklich alles geben. Solche Leute mag ich ja .... 

Wir kaufen noch schnell einen Haken für unsere Gardinenstange und weiter geht's nach Bad Bentheim zu einer kleinen Mittagspause mit Tee und Baguette.

Auf dem Weg nach Papenburg führt uns - mal wieder - eine Umleitung so weit von unserer Richtung, dass wir beschließen, auf die Autobahn zu wechseln. Das hat allerdings zur Folge, dass Gabis Kopfschmerzen unerträglich werden. Also stoppen wir noch einmal an einem Autohof. Auf einen Kaffee.

Mit gemütlichen 110km/h nehmen wir die restlichen Autobahnkilometer in Angriff. In Aurich angekommen kaufen wir sogar noch fürs Wochenende ein und fallen dann völlig erschöpft aufs Sofa.

Fazit

Wir hatten mal wieder unglaubliches Glück mit dem Wetter. Das Bergische ist zwar alles andere als gebirgig, aber gerade Stücke Straße sucht man/frau nahezu vergeblich. Das Zweirad fahrende Volk freut's.

Eine feste Unterkunft ist bei diesen Temperaturen schon nett. Das Zelt wäre schon auch gegangen, aber ... habe ich schon mal erwähnt, dass wir keine hardcore-camper sind?:))