Vier Touren habe ich ausgearbeitet um meiner bayrischen Migrantin das Land zu zeigen, in das sie der Liebe wegen gezogen ist. Wir werden nur zwei davon schaffen. Aber das ist eine andere Geschichte:)
Um 11:00, direkt nach dem Gottesdienst, starten wir zur "Ossi-Tour-Ost". Rund 150 km stehen auf dem Programm. Das Wetter ist super. Ich kurve mit meiner Sozia kreuz und quer durch das Land. Um 14:45 machen wir Mittagspause im Wiesmoorer Torfkrug. Zweimal Matjeskartoffel, ein Wasser und eine Apfelschorle - und wieder vergesse ich, das Essen vor dem ersten Bissen zu fotografieren. Lecker ist's, wenn auch die Portionen längst nicht so groß sind, wie im Bewertungsportal zu lesen. Tja;)
Der weitere Weg führt uns über die schmalste für Fahrzeuge zugelassene Brücke (1,8m Breite); na ja, "Brückchen" trifft es eher:) und nach Leer ins Teemuseum, ein Muss für jeden Neuling in Ostfriesland. Hier wird anschaulich die Geschichte des Teehandels gezeigt, natürlich aus der Sicht der Firma Bünting. Für manchen Ostfriesen ist übrigens nicht nur der "Ostfriesentee" mit seiner Zubereitung eine Religion. Auch die Marke spielt eine Rolle. In Emden Bünting-Tee zu trinken wäre fast schon Blasphemie. Dort ist Thiele die Marke der Wahl. Wir entziehen uns dem Glaubenskrieg und ziehen zu Hause die fair gehandelte Variante aus dem Weltladen vor. Die obligatorische Tasse Bünting-Tee mit Kluntje und Sahnewölkchen, die den Besuchenden des Museums offeriert wird, nehmen wir natürlich dennoch gerne an. Das gebietet schon die ostfriesische Höflichkeit. Einen Tee abzulehnen kommt hier einer Beleidigung gleich. Wissen sollte man/frau aber auch, dass der Löffel in der Tasse das Zeichen ist: danke, das war gut. Andernfalls bekommst Du ungefragt nachgeschenkt und das macht ab der vierten Tasse auch keinen guten Eindruck mehr. Gar nicht so einfach:)
Wir fahren weiter nach Ditzum, wo wir mit der Fähre nach Petkum übersetzen wollen. Ja, die Orte haben hier wirklich so merkwürdige Namen; fast wie im Asterix-Comic. Und nicht nur die Orte;)
Mir steht das Abenteuer des Tages bevor: Ich muss nämlich mit dem Motorrad rückwärts auf die kleine Fähre rollen. Für einen Anfänger eine echte Herausforderung. Aber mit Hilfe des netten und muskulösen Personals unter den aufmerksamen Blicken der anderen Passagiere geht alles gut. Aber mein Puls ist sicher jenseits der 200!
Auf der anderen Seite der Emsmündung braucht es dann auch im Cafe Kuhstall einen guten Cappuccino und ein gutes Stück Torte. Ein Wunder, das beides bei dem Wind nicht wegfliegt.
Wir schauen uns noch das Emssperrwerk an, mit dem die Ems aufgestaut wird, wenn die Meyer-Werft mal wieder einen der großen Pötte zur offenen See befördern will.
Eine kurze Rast noch am Timmeler Meer (ein netter kleiner Binnensee), wir nutzen die letzten Sonnenstrahlen des Tages auf einer Bank mit Blick aufs Wasser.
Heute steht die "Ossi-Tour-Nord" auf dem Programm. Allerdings in einer verkürzten Version. Wir kommen nämlich später los als wir geplant hatten. Dafür haben wir uns schon sportlich betätigt;)
Die erste Station ist die Thingstätte in Upstalsboom. Hier haben sich vor Urzeiten die friesischen Häuptlinge getroffen um in demokratischen Beschlüssen die Belange Frieslands zu regeln und Recht zu sprechen.
Nur ein paar Kilometer weiter finden wir den frisch gekürten "Mittelpunkt Ostfrieslands". Mit komplizierten Berechnungen hat irgendeine Komission diesen Punkt ermittelt, der nun touristisch beworben wird. Der Stein mit eingelassener Tafel ziert aber weder ein landschaftliches noch ein historisches Highlight.
Ungeplant kommen wir dafür noch zu einer Aussichtsplattform, die eigentlich der Vogelbeobachtung dient. Man/frau kann aber auch ohne wissenschaftliches Interesse am Federvieh von dort oben die Weite Ostfrieslands bestaunen.
Unser nächstes Ziel steht sogar im Guinessbuch der Rekorde. Auch wenn der Turm der Kirche in Suurhusen es weder an Berühmtheit, noch an Höhe, noch vom architektonischen Anspruch mit dem in Pisa aufnehmen kann, beeindruckend ist er und eben schiefer!
In Rysum erwartet uns eines der ältesten Warftdörfer. Warften sind mühsam aufgeschüttete Erhebungen, die zumindest das Zentrum des Dorfes (Kirche und Wirtshaus) vor dem Hochwasser schützen sollten. Ganz schnuckelig ist es hier und eine Hinweistafel lädt zur Gartenterrasse mit Tee und Kuchen. Wir folgen ihr in froher Erwartung um, dort angekommen, vor der nächsten Tafel zu stehen: "Geschlossene Gesellschaft".
Dann fahren wir halt weiter zu "Lükko"! Der kleine süße rot-gelbe Leuchtturm ist das Wahrzeichen der Krummhörn. So heißt die Region, in der wir uns gerade bewegen. Gabi scheut die 200m vom Parkplatz zum Leuchtturm nicht. Ich dagegen erliege der Verlockung der Fischbude direkt am Parkplatz. Welcher Biker läuft schon 200m um einen Leuchtturm zu umrunden, der kaum höher ist als er selbst?
Drei sehenswerte Ziele haben wir schon übersprungen. Das Kloster Ihlow, die Kunsthalle Emden und die Häuptlingsburg in der Krummhörn müssen auf unsere Besuche zu einem späteren Zeitpunkt warten. Fünf Sehenswürdigkeiten liegen noch vor uns. Die nächste ist der Störtebekerturm in Marienhafe. Aber vor der Besteigung dieses monumentalen Gebildes stärken wir uns in der Teestube um die Ecke mit dem lang ersehnten Kaffee und einem guten Stück Kuchen.
Der Turm der evangelischen Kirche in dem kleinen Ort ist einen Besuch wert. Schon der Aufstieg in Motorradstiefeln ist abenteuerlich. Nur allzu beleibt sollte man/frau nicht sein. Die Luke oben ist nicht gerade groß. Die kleine Ausstellung unten im Turm lässt uns wundern über das Kunstverständnis der Menschen damals. Zumindest scheinen sie nicht prüde gewesen zu sein;)
Inzwischen ist es 17:00 und wir canceln die restlichen Ziele unserer Tour. Das Automuseum n Norden und das Moormuseum in Moordorf schließen eh gleich ihre Pforten und am Ewigen Meer waren wir schon im letzten Jahr. Wir werden wohl noch ein paar Jahre in Ostfriesland verbringen. Zeit genug, um später diese lohnenden Ziele in Augenschein zu nehmen.
Wenig später findet ein schöner Tag seinen Abschluss bei selbst gekochter Pasta mit Radieschenblätterpesto und einem Glas Wein.
Gleich nach dem Umzug beginnt Gabi mit den Fahrstunden für ihren Motorradführerschein. Sie möchte den Lappen gerne in den Händen halten, bevor sie ihre neue Stelle im Auricher Krankenhaus antritt. Leider soll daraus nichts werden. Ihr Fahrlehrer überredet sie, die Prüfung auf ihrer eigenen Maschine zu machen. Der Händler unseres Vertrauens, die Motorraddiele in Südbrookmeerland, schafft es noch kurzfristig, die Tieferlegung der Suzuki hinzubekommen. Hätten wir das mal gelassen. Am Tag der Prüfung regnet es, Gabi ist hypernervös und fällt nicht nur durch die Prüfung, sondern zerlegt beim Kampf mit Bordstein und Verkehrsschild auch noch die Front ihres Motorrades. 1200,- Euro Reparaturkosten fehlen nun auf dem Konto.
Es soll noch bis zum April nächsten Jahres dauern bis sie im zweiten Anlauf bei der Biker's School im Münsterland die Prüfung auf Anhieb schafft.
Nach dem Erntedankgottesdienst fahren wir nach Wilhelmshaven und schlendern am Bontekai entlang. Der Jade-Weser-Port-Cup hat Segelschiffe jeden Alters in die Hafenstadt gelockt. Einige bieten auch Kulinarisches an. Auf der Regina Mares, als ob es extra für uns gemacht ist, gibt es sogar das bayrische (Weißwurst) neben dem friesischen (Labskaus) Nationalgericht. Na, wenn das keine Einladung ist!:)