Das Pastoralkolleg der evangelischen Landeskirche Hannovers bietet jedes Jahr verschiedene Fortbildungen für Pastoren*innen und Diakone*innen an. Neben theologischen und gemeindepädagogischen Angeboten bin ich so auch schon in den Genuss solch nur auf den ersten Blick sinnfreier Angebote gekommen wie einen Steinbildhauerkurs, eine Woche Improvisationstheater und eben Pilgern. Wobei es sich hier eher um Komfort-Pilgern handelte;) Die Tagesetappen waren recht überschaubar und Unterbringung wie Verpflegung schon was Anderes als auf dem Camino! Meist hatten wir Einzelzimmer, bisweilen ein Doppelzimmer, vernünftige Betten, ein ordentliches Abendessen und ein opulentes Frühstück. Komfort-Pilgern halt:)
Wir starten in Nürnberg. In Fünf Tagen wollen wir Rothenburg erreichen. Die Gruppe ist recht bunt zusammengewürfelt. Ich bin einer der Ältesten. Aber ich genieße den Vorteil, schon einmal den portugiesischen Camino gepilgert zu sein. So muss ich zwischendurch kein Paket mit überflüssigen Dingen packen und nach Hause schicken. Und dass meine Konstitution besser sein muss als es mir anzusehen ist, erweist sich immer dann, wenn es bergauf geht. Ich laufe allen Anderen davon (ohne mich wirklich anzustrengen). Na ja, fast allen. Eine junge Pastorin hält locker mit mir mit. Sie kommt ebenfalls direkt aus dem Urlaub,ist gerade drei Wochen durch die Alpen gewandert. Für sie ist das hier eher ein Workout:) Schon bald werden wir zwei zu den "Hardcore-Pilgern" erhoben. Als bei der längsten Tagesetappe die Gruppe einen Teil der Strecke mit dem Bus fährt, laufen wir natürlich zwei Stunden früher los und treffen die anderen an einem vereinbarten Zwischenstopp. "Hardcore-Pilger" eben:) Ja, einen gewissen Stolz kann ich nicht verhehlen:))
Und wir laufen wirklich bei Wind und Wetter, genießen nicht nur die Landschaft, sondern auch Obst frei Haus, also direkt vom Baum oder Strauch. Nur die vielen Kaffeepausen, von manchen eingefordert, bremsen den Flow;)
Als wir zwischendurch sogar den Jakobsweg kreuzen, werden Erinnerungen an meine Tour von Porto nach Santiago wach. Ich werde etwas wehmütig. Das waren intensive Wochen.
Normalerweise bin ich gerne alleine oder zu zweit unterwegs. Hier lässt sich das genauso machen, wie das Laufen in der Gruppe. Angeregte Gespräche inklusive - oder auch schweigend nebeneinander herlaufen. Das ist Pilgern! Und weil das hier eine Fortbildung ist, muss ich nicht nur nichts bezahlen, ich bekomme sozusagen sogar Geld dafür. Manchmal mag ich meinen Arbeitgeber:)
Zu jeder Etappe gehört eine kleine Andacht. Das tut gut, innezuhalten, zu hören, zu schweigen, zu beten, einen Segen zugesagt bekommen. Nur mit dem "Theologisieren" tue ich mich etwas schwer. Auch das gehört zu jeder Etappe. Eine Pause, im Kreis auf dem Boden sitzen und zu einem Bibeltext oder einem Thema einfach sagen, was einem einfällt. Ja, kann man/frau machen, aber muss das? Geht doch auch mit Vorbereitung, moderiert, fokussiert. Alle anderen fanden es toll. Na gut:( ........ :))
Jeder Abend endet natürlich in einem Restaurant (übrigens: auch Frühstück und Abendessen zahlt die Landeskirche). Nein, nicht jeden Abend werden die Obstler der Karte durchprobiert (die wir natürlich selbst bezahlen). Das gehört sich erst bei der letzten Einkehr vor dem Ziel. Selbiges liegt in Rothenburg. Ein nettes Städtchen, aber extrem touristisch.
Am Ende, wie es sich für so eine Kirchentruppe gehört, eine Feedbackrunde. Wir verabschieden uns voneinander. Ich fahre nach Augsburg. Dort steht bei meiner Freundin mein "Dicker", mit dem ich mich dann wieder auf den Weg in meine Heimat machen werde.
Ein Gedanke, der mich die ganze Woche bewegt hat, begleitet mich weiter: wie entscheide ich, ob ich mit Gabi zusammenbleiben möchte. Es gibt viele Für und Wider, und ich bin ja sooo entscheidungsfreudig:(
Wer sich durch Seiten hier wühlt, wird erfahren, welche Entscheidung wir getroffen haben. Vielleicht hast Du es ja auch schon gelesen:)